Das Bundesverwaltungsgericht hat in einem Beschluss vom 04.05.2023 (AZ 5 P 16.21, NZA 2024, 74) in Bezug auf den Umfang der Mitbestimmungsrechte eines Personalrats beim Einsatz von IT der diesbezüglichen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zum Betriebsverfassungsrecht widersprochen.
Das Bundesverwaltungsgericht und das Bundesarbeitsgericht waren und sind sich noch immer darin einig, dass die Mitbestimmung im Rahmen des § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG (für Betriebsräte) bzw. des wortgleichen § 80 Abs. 1 Nr. 21 BPersVG (für Personalräte) schon dann gegeben ist, wenn der Einsatz einer technischen Einrichtung zwar keine Verhaltens- und Leistungskontrolle bezweckt, dazu jedoch geeignet ist.
Das Bundesarbeitsgericht (Beschluss vom 13.12.2016 – 1 ABR 7/15) hat in seiner viel beachteten Facebook-Entscheidung die diesbezügliche Mitbestimmung des Betriebsrates dahingehend ausgeweitet, dass die Mitbestimmung nicht zwingend eine automatische Datenverarbeitung voraussetzt; es reiche, wenn Nutzer Kommentare zum Verhalten bzw. zur Leistung der Mitarbeiter abgeben könnten, die der Arbeitgeber dann auswerten könne.
Auch in Bezug auf die Festlegung, dass keine automatische Datenverarbeitung erforderlich ist, um die Mitbestimmung auszulösen, ist sich das Bundesverwaltungsgericht nach wie vor mit dem Bundesarbeitsgericht einig, übrigens ganz im Gegensatz zur Vorinstanz (OVG Berlin- Brandenburg vom 04.08.2021 – OVG 62, PV 5/20, BeckRS 2021, 25977 Rn. 28)
Das BAG hatte in seiner Facebook-Entscheidung zwar noch kein Mitbestimmungsrecht beim bloßen Betreiben eines Social-Media-Kanals anerkannt, wohl aber ein Mitbestimmungsrecht dann angenommen, wenn Postings von Nutzern erlaubt werden, unabhängig davon, ob tatsächlich Nutzer-Kommentare zum Verhalten oder zur Leistung der Arbeitnehmer erfolgen oder zu erwarten sind. Eine abstrakte Gefahr von entsprechenden Besucherbeiträgen reiche aus.
Diesbezüglich hat das Bundesverwaltungsgericht dem Bundesarbeitsgericht nunmehr in Bezug auf das Personalvertretungsrecht ausdrücklich widersprochen und für den entsprechenden Mitbestimmungstatbestand (§ 80 Abs. 1 Nr. 21 BPersVG) eine zusätzliche Voraussetzung aufgestellt, nämlich die hinreichende Wahrscheinlichkeit für das Entstehen eines Überwachungsdrucks. Nach dem Sinn und Zweck des Mitbestimmungsrechts komme es darauf an, ob einerseits eine hinreichende Wahrscheinlichkeit dafür bestehe, dass tatsächlich Nutzerkommentare über das Verhalten oder die Leistung von Arbeitnehmern in einem beachtlichen Umfang zu erwarten sind, und ob andererseits aufgrund der Umstände des Einzelfalls die Gefahr einer späteren Auswertung durch den Arbeitgeber begründet sei. Eine solche Gefahr hat das Bundesverwaltungsgericht in Bezug auf den Betrieb von Social Media-Kanälen, bei denen Nutzer zwar keine eigenen Beiträge posten, aber solche kommentieren und dabei auch das Verhalten und die Leistung einzelner Beschäftigte thematisieren konnten, nicht erkannt. Daher bestehe kein begründeten bzw. nachvollziehbaren Überwachungsdruck auf die Mitarbeiter. Eine Mitbestimmung des Personalrats bestehe daher nicht.
Hinweis: Diese Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts könnte auch die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, welches den Mitbestimmungstatbestand des § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG bislang sehr weit ausgelegt hat, hin zu einer restriktiveren und am Schutzzweck des Mitbestimmungsrechts orientierten Auslegung verändern.