17. Juli 2024
Kündigungsrecht, Prozessführung
Autor Tore Raulfs
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Das Einwurfeinschreiben – Eine sichere Zustellungsart?

Viele Arbeitgeber lassen Ihren Arbeitnehmern Schriftstücke, wie beispielsweise Kündigungen und Abmahnungen per Einwurfeinschreiben zukommen. Dies galt bislang neben der Zustellung durch einen Boten bzw. der persönlichen Übergabe als eine sichere Variante für den Arbeitgeber, den Zugang eines Schriftstücks nachzuweisen.

Das LAG Baden-Württemberg hat in seinem Urteil vom 12.12.2023-15 SA 20/23 entschieden, dass es den Einlieferungsbeleg und den Sendestatus der Deutschen Post eines Einwurfeinschreibens nicht als Nachweis für den Zugang ausreichen lässt.

Begründet wurde dies mit § 130 Abs. 1 S. 1 BGB. Hiernach muss der Arbeitgeber den Zugang eines Schriftstücks, z.B. einer Kündigung, beweisen. Ein Zugang liegt vor, wenn der Schriftstücke in den Machtbereich des Empfängers gelangt ist, also z.B. in den Briefkasten geworfen wurde.

Nach Auffassung des LAG werde dies durch den Sendestatus des Dienstleisters nicht belegt. Der Sendestatus sei ein rein maschinelles Verfahren, insbesondere ergebe sich hieraus nicht, welcher Zusteller das Schreiben zu welchem Zeitpunkt zugestellt habe. Dies sei allerdings erforderlich, um den Zugang nachzuweisen.

Dementsprechend gilt es zukünftig folgendes bei der Zustellung eines Schriftstückes durch Einwurfeinschreiben zu beachten:

Sofern Sie als Arbeitgeber auf das Einwurfeinschreiben zu Zustellung eines Schriftstückes zurückgreifen müssen, sollten Sie immer beim Dienstleister den Auslieferungsbeleg beantragen. Anhand des Auslieferungsbeleges ist nämlich klar erkennbar, welcher Zusteller zu welchem Datum und zu welcher Uhrzeit das Schreiben den Hausbriefkasten geworfen habe. Diese Person kann dann auch als Zeuge benannt werden.

Den Auslieferungsbeleg können Sie nur innerhalb von 15 Monaten nach der Aufgabe des Einwurfeinschreibens mit der Sendungsnummer beim Dienstleister beantragen.

Dies gilt insbesondere bei der Zustellung von Abmahnungen per Post, da sie auch deren Zugang im Bestreitensfall beweisen müssen und sich nicht jeder Mitarbeiter, anders als bei einer Kündigung, gegen eine Abmahnung gerichtlich oder per Anwaltsschreiben zur Wehr setzt.

In einem etwaigen späteren Kündigungsschutzprozess kann der Mitarbeiter nicht nur den Inhalt etwaiger Abmahnungen, sondern auch deren Zugang bestreiten. Tut er dies, muss der Arbeitgeber nachweisen, dass die Abmahnungen zugegangen sind.

Die sicherste Variante des Nachweises des Zugangs eines Schriftstückes ist natürlich nach wie vor die persönliche Übergabe des Schriftstückes durch einen Zeugen.

Über den Autor

Herr Raulfs ist als Rechtsanwalt im Attendorner Büro der Kanzlei tätig. Seit 2008 ist er Partner der Anwaltssozietät.

Herr Raulfs studierte an der Westfälischen-Wilhelms-Universität in Münster. Nach seinem Referendariat, währenddessen er in verschiedenen Kanzleien arbeitsrechtlich gewirkt hat, absolvierte er den Fachanwaltslehrgang Arbeitsrecht an der Steuer- und Wirtschaftsakademie in Osnabrück.

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