Arbeitsrechtslexikon

Das ABC des Arbeitsrechts

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Unwirksamkeit der Kündigung eines schwerbehinderten Arbeitnehmers in der Wartezeit

Erstinstanzliche Entscheidungen zweier Arbeitsgerichte (Arbeitsgericht Köln, Urteil vom 20.12.2023 – 18 Ca 3954/23, und Arbeitsgericht Freiburg, Urteil vom 04.06.2024 – 2 Ca 51/24) haben jüngst für Unsicherheiten bei der Kündigung eines schwerbehinderten Arbeitnehmers in der sechsmonatigen Wartezeit des Kündigungsschutzgesetzes geführt. In den ersten sechs Monaten des Arbeitsverhältnisses genießt ein Arbeitnehmer keinen allgemeinen Kündigungsschutz; auch der […]

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Kündigung aufgrund der Weigerung zum Tragen einer roten Arbeitshose

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Das Einwurfeinschreiben – Eine sichere Zustellungsart?

Viele Arbeitgeber lassen Ihren Arbeitnehmern Schriftstücke, wie beispielsweise Kündigungen und Abmahnungen per Einwurfeinschreiben zukommen. Dies galt bislang neben der Zustellung durch einen Boten bzw. der persönlichen Übergabe als eine sichere Variante für den Arbeitgeber, den Zugang eines Schriftstücks nachzuweisen. Das LAG Baden-Württemberg hat in seinem Urteil vom 12.12.2023-15 SA 20/23 entschieden, dass es den Einlieferungsbeleg […]

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Auskunft über Bewerbungsbemühungen und Begrenzung des wirtschaftlichen Risikos des Arbeitgebers

Eine Widerklage des Arbeitgebers auf Auskunft und Belegerteilung hinsichtlich des erzielten Einkommens, der erhaltenen Sozialleistungen, der Vermittlungsvorschläge von der Agentur für Arbeit und dem Jobcenter sowie der eigenen Erwerbsbemühungen des Arbeitnehmers ist zulässig und begründet, wenn im Zusammenhang mit einer Kündigung ein möglicher Annahmeverzugslohnanspruch besteht. Dies gilt auch bereits, wenn der Anspruch noch nicht außergerichtlich […]

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Kein immaterieller Schadensersatzanspruch des Arbeitnehmers bei Verstößen gegen die DSGVO

(BAG 8 AZR 209/21 (B), Vorlagebeschluss vom 25.04.2024) Die Parteien haben darüber, ob der Arbeitgeber verpflichtet ist, dem Arbeitnehmer wegen einer Verletzung datenschutzrechtlicher Bestimmungen im Arbeitsverhältnis einen immateriellen Schadensersatz, also einen Ersatz für Schäden, die nicht Vermögensschäden sind, wie z.B. Schmerzensgeld nach Art. 82 DSGVO zu zahlen. Der Arbeitnehmer hat im Verfahren geltend gemacht, der Arbeitgeber […]

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Wartezeitkündigung und Betriebsratsanhörung

Der allgemeine Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz besteht erst, wenn die 6-monatige Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG abgelaufen ist. In den ersten sechs Monaten des Arbeitsverhältnisses muss daher die Kündigung nicht sozial gerechtfertigt iSv. § 1 Abs. 2 KSchG sein. Es muss weder ein verhaltensbedingter noch ein personenbedingter oder betriebsbedingter Kündigungsgrund vorliegen. Es muss […]

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Arbeitgeber kann separate Home-Office-Regelung einseitig durch Teilkündigung beenden

LAG Hamm am 16.3.2023 (AZ 18 Sa 832/22)  Teilkündigungen eines Arbeitsvertrages sind an sich unzulässig, weil durch sie einseitig in das Verhältnis Leistung-Gegenleistung eingegriffen wird. Dies ist grundsätzlich nur durch Ausspruch einer Änderungskündigung möglich, die nach den Maßstäben des Kündigungsschutzgesetzes sozial gerechtfertigt sein muss. Oder aber einzelne Arbeitsbedingungen wurden zulässigerweise unter Widerrufsvorbehalt gestellt; auch dann […]

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Abmahnung – Auf die richtige Formulierung achten!

Der Ausspruch einer vorherigen Abmahnung ist grundsätzlich Voraussetzung für eine verhaltensbedingte Kündigung. Häufig halten Abmahnungen allerdings einer gerichtlichen Überprüfung nicht stand, weil formelle Fehler bei der Formulierung der Abmahnung gemacht werden. Nach der Rechtsprechung des BAG muss eine Abmahnung inhaltlich klar und bestimmt sein. Dies bedeutet, dass der abgemahnte Sachverhalt konkret mit Datum, Uhrzeit und […]

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Erschütterung des Beweiswerts von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen – auch bei mehreren Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen in Folge

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Kündigung wegen Nacktschwimmens im Rhein und eines Tanzes mit einem Plastik-Flamingo während einer Betriebsfeier

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Kündigung aufgrund von beleidigenden Chat-Nachrichten

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Kein Beweisverwertungsverbot bei gegen Datenschutzregeln verstoßende Videoüberwachung des Arbeitsplatzes

Nach einer aktuellen Entscheidung des BAG (Urteil vom 29.06.2023, Az. 2 AZR 296/22) kann ein Arbeitgeber eine Videoaufzeichnung, die dieser mit einer Kamera am Arbeitsplatz erstellt hat und die ein Fehlverhalten des Arbeitnehmers zeigt, in einem späteren Kündigungsschutzprozess gegen den Arbeitnehmer verwerten, wenn er durch Schilder auf die Videoüberwachung hinweist. Dies gelte auch dann, wenn die Überwachung […]

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Begriff

Verhaltensbedingte Kündigung

Fällt ein Arbeitnehmer unter den Kündigungsschutz, so benötigt der Arbeitgeber einen Grund für eine wirksame Kündigung. Einer der möglichen Gründe liegt im Fehlverhalten des Arbeitnehmers – dann handelt es sich um eine verhaltensbedingte Kündigung. Voraussetzung für eine solche verhaltensbedingte Kündigung ist ein Pflichtverstoß

Verhaltensbedingte Kündigung

Zu beachten ist dabei, dass der Pflichtverstoß auf einem vom Arbeitnehmer steuerbaren Verhalten beruhen muss. Ist bspw. eine Suchterkrankung die Ursache von Pflichtverletzungen, scheidet eine verhaltensbedingte Kündigung aus. Dann kommt jedoch eine personenbedingte Kündigung in Frage.

Eine verhaltensbedingte Kündigung kann ordentlich oder außerordentlich erfolgen.

Fehlverhalten und Pflichtverletzungen

Bei Pflichtverletzungen werden Verstöße gegen Hauptleistungs- und Nebenleistungspflichten unterschieden.

Die Hauptleistungspflicht des Mitarbeiters ist die Arbeitspflicht. Mögliche Verstöße bzw. Fehlverhaltensweisen können in der Missachtung von Arbeitsanweisungen / -vorgaben, in Verstößen gegen die vorgegebene Arbeitszeit oder auch in einer verschuldeten Schlechtleistung liegen.

Nebenpflichten können sich aus Gesetz, Tarifvertrag, Arbeitsvertrag oder auch aus Betriebsvereinbarungen ergeben. Entsprechend besteht eine Vielzahl an möglichen Verstößen.

Unter anderem folgende Pflichtverletzungen kommen in Betracht:

  • Arbeitszeitbetrug / -manipulation
  • Unpünktlichkeit
  • Missachtung von Arbeitsvorgaben / -anweisungen
  • Straftaten mit Auswirkung auf das Arbeitsverhältnis
  • Tätlichkeiten
  • Beleidigung von Vorgesetzten oder Kollegen
  • Vertragswidrige Nutzung von Telefon und IT-Systemen
  • Sexuelle Belästigung
  • Verstoß gegen Alkoholverbot, Alkoholmissbrauch
  • Ausländerfeindliche, rassistische Äußerungen
  • Nichteinhaltung von Arbeitsschutzvorschriften
  • Nichtbenutzung der persönlichen Sicherheitsausrüstung
  • Verstoß gegen Anzeige- oder Nachweispflicht im Krankheitsfall

 

Die hier aufgeführten Verstöße können zum Teil auch eine fristlose Kündigung rechtfertigen. Hier ist jedoch immer im Einzelfall abzuwägen.


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Bei einer verhaltensbedingten Kündigung müssen besonders die folgenden fünf Punkte berücksichtigt werden.

Vertragsverletzung

Anknüpfungspunkt für die verhaltensbedingte Kündigung ist eine Verletzung der arbeitsvertraglichen Pflichten. Es kann sich dabei um die Verletzung von Hauptpflichten oder vertraglichen Nebenpflichten handeln. Ausschlaggebend ist, dass das Arbeitsverhältnis durch das beanstandete Verhalten konkret berührt sein muss.

Verschulden

Ein steuerbares Verhalten ist dem Arbeitnehmer nur dann im Rahmen der verhaltensbedingten Kündigung vorwerfbar, wenn der Arbeitnehmer schuldhaft gehandelt hat. Verschuldet ist ein arbeitsvertragswidriges Verhalten, wenn es vorsätzlich oder fahrlässig geschieht. Es kommt  demnach darauf an, ob der Arbeitnehmer sich auch hätte anders entscheiden können.

Abmahnung

Im Regelfall ist für die wirksame verhaltensbedingte Kündigung erforderlich, dass der Arbeitgeber zuvor eine „einschlägige“ Abmahnung erteilt hat. Dieses Erfordernis findet seinen Grund in der Tatsache, dass ebenso wie die personenbedingte Kündigung auch die verhaltensbedingte Kündigung zukunftsbezogen ausgerichtet ist.

Setzt der Arbeitnehmer nach erhaltener Abmahnung sein vertragswidriges Verhalten fort, so rechtfertigt dies in der Regel die Prognose, dass der Arbeitnehmer sich auch zukünftig nicht vertragstreu verhalten wird.

Die Abmahnung kann entbehrlich sein. Dabei kommt es stets auf die Umstände des Einzelfalls an.

Anzahl der Abmahnungen

Eine bestimmte Mindestanzahl von Abmahnungen ist nicht gefordert. Letztlich kommt es auf eine wertende Entscheidung unter Berücksichtigung des Gewichts der Vertragsverstöße an.

Weist der Arbeitnehmer eine lange Betriebszugehörigkeit auf und wurde in der Vergangenheit beispielsweise ein verspäteter Dienstantritt nur einmal abgemahnt, handelt es sich dabei sicherlich um eine leichtere Pflichtverletzung, die nicht ohne weiteres geeignet ist, bei nur einem weiteren gleichgelagerten Verstoß unmittelbar zur verhaltensbedingten Kündigung des langgedienten Arbeitnehmers zu führen.

Einschlägigkeit der Abmahnung

Zur Stützung der verhaltensbedingten Kündigung kann sich der Arbeitgeber nur dann auf eine vorausgehende Abmahnung berufen, wenn diese „einschlägig“ ist. Erforderlich ist keine Identität, sondern eine materielle Vergleichbarkeit im Sinne einer Gleichartigkeit der Pflichtverletzungen.

Milderes Mittel

Auch bei der verhaltensbedingten Kündigung ist stets zu prüfen, ob dem Arbeitgeber kein milderes Mittel zur Verfügung steht, um seine berechtigten betrieblichen oder vertraglichen Interessen verfolgen zu können. Im Rahmen der verhaltensbedingten Kündigung kommen als solche milderen Mittel zum einen die Änderungskündigung und zum anderen die Versetzung in Betracht.

Interessenabwägung

Das Bundesarbeitsgericht fordert schließlich eine umfassende Abwägung der Interessen beider Vertragsteile. Danach ist eine Kündigung nur dann gerechtfertigt, wenn ein Tatbestand vorliegt, der bei gewissenhafter Abwägung der beiderseitigen Interessen einen verständig urteilenden Arbeitgeber zur Kündigung veranlassen würde.

Auch bei einer verhaltensbedingten Kündigung sind die allgemeinen formalen Voraussetzungen einer Kündigung zu beachten.