LAG Köln, Beschluss vom 14.08.2020, 9 TaBV 11 / 20
Im, durch das LAG Köln, zu entscheidenden Fall hatten die Parteien auf Grundlage eines Tarifvertrages „Telearbeit“ vereinbart, dass ein alternierender Telearbeitsplatz eingerichtet wird und diese Vereinbarung von beiden Seiten mit einer Frist von drei Monaten zum Monatsende ohne Angabe von Gründen widerrufen werden kann. In der Folgezeit arbeitete die Arbeitnehmerin ganz überwiegend im Home-Office. Nach über zehn Jahren wandte sich der Arbeitgeber an seinen Betriebsrat und bat diesen, dem Widerruf des Telearbeitsplatzes zuzustimmen, da der damalige Grund entfallen sei. Der Betriebsrat widersetzte sich diesem Anliegen, da nach seiner Rechtsauffassung die betrieblichen Interessen nicht mit den Interessen der betroffenen Arbeitnehmerin abgewogen worden seien. Darüber hinaus würde die Arbeitnehmerin durch die Wegzeiten und Fahrtkosten benachteiligt.
Auf Antrag des Arbeitgebers ersetzte das von ihm angerufene Arbeitsgericht die Zustimmung des Betriebsrats. Das LAG Köln entschied aufgrund der erhobenen Beschwerde gegen das erstinstanzliche Urteil, das das Arbeitsgericht die Zustimmung des Betriebsrats zum Widerruf der Befugnis zur Telearbeit gemäß § 99 Abs. 4 BetrVG zu Recht ersetzt habe. Das LAG führt zunächst aus, dass es sich bei dem beabsichtigten Widerruf der Telearbeit um eine Versetzung im Sinne des § 99 Abs. 1, § 95 Abs. 3 BetrVG handele, da sich die Tätigkeit der Arbeitnehmerin durch die beabsichtigte ausnahmslose Einbindung in den Betriebsablauf grundsätzlich ändere. Im Falle einer solchen Versetzung kann der Betriebsrat bei Vorliegen eines der in § 99 Abs. 2 BetrVG abschließend genannten Gründen seine Zustimmung verweigern (Anmerkung).
In der Sache könne der Betriebsrat seine Zustimmungsverweigerung jedoch nicht auf die Vorschrift des § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG aufgrund einer unterlassenen Interessenabwägung stützen. Ebenso wenig könne die Zustimmung in Hinblick auf die Wegzeiten und Fahrtkosten vor dem Hintergrund des §§ 99 Abs. 2 Nr. 4 BetrVG verweigert werden. Begründet wurde diese Rechtsauffassung durch das LAG Köln damit, dass § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG die Fälle regele, in denen die Maßnahme selbst gegen ein Gesetz oder einen Tarifvertrag verstoße und der Zweck der jeweiligen Norm darin bestehe, die personelle Maßnahme als solche zu verhindern. Dies sei vorliegend jedoch nicht der Fall. Vorliegend bestand eine inhaltsgleiche Regelung in der Vereinbarung und im Tarifvertrag „Telearbeit“. Hiernach sei ein Widerruf ohne Angabe von Gründen mit einer dreimonatigen Frist vorgesehen, ohne dass Ermessens- und Billigkeitserwägungen angestellt werden müssten. Vor dem Hintergrund sei vorliegend der fristgerechte Widerruf ohne Angaben von Gründen zulässig gewesen.
Praxistipp:
Es empfiehlt sich für einen möglichst rechtswirksamen Widerruf eine entsprechende Widerrufsmöglichkeit im Arbeitsvertrag individuell zu vereinbaren. Soweit in möglicherweise geltenden Tarifverträgen eine diesbezügliche Regelung bereits enthalten ist, dürften Regelungen in einer Betriebsvereinbarung aufgrund der Sperrwirkung des § 77 Abs. 3 BetrVG ausgeschlossen sein.