Einleitung
Das BAG hat mit Urteil vom 09.03.2021- 9 AZR 323/20 seine Rechtsprechung zu pauschalen Verfallklauseln geändert. Hiernach sind nun Verfallklauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen und damit auch in Arbeitsverträgen, wonach „alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsvertrag verfallen“ wegen Verstoßes gegen §§ 202 Abs. 1, 134 BGB insgesamt nichtig, da im Zweifel von dieser Formulierung auch Schadensersatzansprüche wegen der Haftung auf Vorsatz umfasst sind.
In der oben genannten, aktuellen Entscheidung des BAG begehrte ein Arbeitnehmer einen Anspruch auf Urlaubsabgeltung gegenüber seinem Arbeitgeber. Der Arbeitsvertrag enthielt eine Regelung dahingehend, dass die Vertragsparteien ihre Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb von drei Monaten nach ihrer Fälligkeit schriftlich geltend machen und im Falle einer Ablehnung durch die Gegenseite innerhalb von weiteren drei Monaten einzuklagen hatten. Anderenfalls sollten sie erlöschen. Für Ansprüche aus unerlaubter Handlung sollte es bei der gesetzlichen Regelung verbleiben.
Anwendbarkeit der Klausel auf Abgeltungsanspruch
Das BAG hat zunächst, seiner bisherigen Linie folgend klargestellt, dass der Urlaubsabgeltungsanspruch aus § 7 Abs. 4 BUrlG als reiner Geldanspruch der vertraglichen Verfallklausel unterfällt. Nach der Klausel im Arbeitsvertrag waren auch lediglich Ansprüche aus unerlaubter Handlung ausgeklammert. Die vom BAG festgestellte Nichtigkeit der Klausel nach § 134 BGB folgt aus einem Verstoß gegen § 202 Abs. 1 BGB, wonach die Verjährung bei der Haftung wegen Vorsatzes nicht im Voraus durch Rechtsgeschäft erleichtert werden kann. Die verkürzte Frist auf drei Monate zur Geltendmachung von Ansprüchen stellt aber gerade eine „Erleichterung“ im Sinne der Vorschrift dar. Da die Klausel nach ihrem Wortlaut lediglich eine Einschränkung hinsichtlich Ansprüche aus unerlaubter Handlung enthielt, umfasste der Ausschluss keine Schadensersatzansprüche aus vorsätzlicher Vertragsverletzung.
Rechtsfolge
An die Stelle der nichtigen Klausel im Vertrag tritt nun nach § 306 Abs. 1, Abs. 2 BGB die gesetzliche Verjährungsregelung von 3 Jahren gemäß §§ 195, 199 BGB. Das BAG hat ausgeführt, dass die Klausel auch nicht nach dem sogenannten „blue-pencil-Test“ teilbar ist, da sie „Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis“ ohne weitere Differenzierung umfasse, rechtlich daher als Einheit zu verstehen sei, mit der Folge, dass der übrig gebliebenen Rest wirksam bleibt. Dies führte im Ergebnis dazu, dass die Verfallklausel nicht für den Urlaubsabgeltungsanspruch aufrechterhalten werden konnte. Auch eine geltungserhaltende Reduktion der Klausel auf den restlichen, wirksamen Teil, wurde abgelehnt, da eine Klausel, die nur im Wege der geltungserhaltenden Reduktion aufrechterhalten bleiben könnte, von Anfang an in transparent und daher nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB wirksam wäre.
Zusammenfassung
Es ist zu begrüßen, dass das BAG (zumindest der 9. Senat) seine Rechtsprechung zu der hier gestellten pauschalen Verfallklauseln geändert hat. Allerdings wird diese Änderung der Rechtsprechung für einige Arbeitgeber unangenehme Folgen mit sich führen, da die vielfach in Musterarbeitsverträgen verwandte Klausel nun vollständig unwirksam ist. Arbeitnehmer können daher etwaige Ansprüche, gleichgültig aus welcher Anspruchsgrundlage, zeitlich innerhalb der Grenzen der gesetzlichen Verjährung geltend machen. Bei neuen Arbeitsverträgen sollte daher die Verfallklausel entsprechend überarbeitet werden und Ansprüche wegen/aufgrund Vorsatzes umfassend d. h für Ansprüche aus Delikt und/oder Vertrag ausgeklammert werden. Allgemein bekannt sein dürfte mittlerweile, dass auch Ansprüche wegen der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit sowie Ansprüche des Arbeitnehmers, die kraft Gesetzes einer Ausschlussfrist entzogen sind, z.B. § 3 MiLoG ausgenommen werden müssen.