Die Parteien eines arbeitsgerichtlichen Kündigungsschutzverfahrens hatten sich neben einer Abfindung in Bezug auf den Urlaub auf folgenden gerichtlichen Vergleich verständigt:
„Urlaubsansprüche sind in natura gewährt.“
Dadurch sollte sichergestellt werden, dass der Arbeitnehmer nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses keinen Urlaubsabgeltungsanspruch mehr geltend machen kann. Der klagende Arbeitnehmer war allerdings seit Anfang des Jahres 2023 durchgehend bis zum Beendigungszeitpunkt am 30.04.2023 arbeitsunfähig gewesen.
Nach ständiger Rechtsprechung ist der Verzicht auf den gesetzlichen Urlaubsanspruch im laufenden Arbeitsverhältnis (auch in einem gerichtlichen Vergleich) gemäß § 134 BGB unwirksam.
Tatsachenvergleiche, nach denen der (gesetzliche) Urlaub bereits in natura gewährt worden ist, sind allerdings grds. zulässig, selbst wenn diese im Ergebnis wie ein Verzicht wirken. Dies gilt nunmehr nach der neuesten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 3. Juni 2025 – 9 AZR 104/24) allerdings nicht mehr ausnahmslos.
Ein Tatsachenvergleich setzt nämlich nach Auffassung des BAG voraus, dass eine bestehende Unsicherheit über die Voraussetzungen eines Anspruchs durch gegenseitiges Nachgeben ausgeräumt werden sollen. Angesichts der durchgehenden Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers blieb im vorliegenden Fall jedoch kein Raum für eine Unsicherheit über die tatsächlichen Voraussetzungen des Urlaubsanspruchs für 2023.
Dem Arbeitnehmer standen daher neben der Abfindung auch noch die Urlaubsabgeltungansprüche für 2023 zu.
Tipp:
Solche Tatsachenvergleiche sind also in der Praxis nur dann tauglich, um Urlaubsabgeltungansprüche zu erledigen, wenn für den klagenden Arbeitnehmer tatsächlich noch die Möglichkeit bestand, den Urlaub in natura zu nehmen. Dies ist bei durchgehender Arbeitsunfähigkeit ausgeschlossen.
Diese Grundsätze gelten jedoch nur für den gesetzlichen, nicht aber für einen übergesetzlichen Urlaub.