LAG Hamm am 16.3.2023 (AZ 18 Sa 832/22)
Teilkündigungen eines Arbeitsvertrages sind an sich unzulässig, weil durch sie einseitig in das Verhältnis Leistung-Gegenleistung eingegriffen wird. Dies ist grundsätzlich nur durch Ausspruch einer Änderungskündigung möglich, die nach den Maßstäben des Kündigungsschutzgesetzes sozial gerechtfertigt sein muss. Oder aber einzelne Arbeitsbedingungen wurden zulässigerweise unter Widerrufsvorbehalt gestellt; auch dann kann sich der Arbeitgeber ohne Änderungskündigung einseitig davon lösen. Hier lag der Fall jedoch anders. Die Arbeitsvertragsparteien hatten separat zum Arbeitsvertrag einen Vertrag über Home-Office geschlossen und vereinbart, dass diese Zusatzvereinbarung separat kündbar ist.
Konkret war im Arbeitsvertrag geregelt: „Der Mitarbeiter arbeitet von zuhause aus (Home-Office). Dem Mitarbeiter ist jedoch bekannt, dass er an verschiedenen Einsatzorten, gegebenenfalls auch über längere Zeiträume hinweg, seine Arbeitsleistung zu verrichten hat.“ In der „Zusatzvereinbarung über Tätigkeit im Home-Office“ war zum Arbeitsort geregelt, dass der Arbeitnehmer nach Arbeitsbedarf auch in den Unternehmensräumen tätig werden muss, er jedoch während der Laufzeit dieser Vereinbarung keinen Anspruch auf einen dauerhaften Arbeitsplatz in diesen Unternehmensräumen hat.
Die Beklagte kündigte die Zusatzvereinbarung fristgerecht wegen der betriebsbedingten Verlagerung der Tätigkeiten und wies die Arbeit im Innendienst am Unternehmenssitz an. Mit seiner Klage griff der Kläger die Kündigung an.
Nach Auffassung des LAG Hamm steht dem Kläger nach der Kündigung kein Anspruch auf eine Tätigkeit im Home-Office zu. Die Teilkündigung als einseitige Änderung von Vertragsbedingungen gegen den Willen des Vertragspartners sei zulässig, wenn dies in der Zusatzvereinbarung wirksam vereinbart wurde. Der zwingende Kündigungsschutz nach §§ 1 und 2 KSchG sei nicht anwendbar, da sich die Kündbarkeit der Home-Office-Regelung nur auf den Ort der Arbeitsleistung bezieht, der kündigungsrechtlich nicht besonders geschützt sei. Dies zeige sich daran, dass der Arbeitgeber grundsätzlich (im Rahmen billigen Ermessens) den Arbeitsort durch Ausübung seines Weisungsrechts gemäß § 106 GewO einseitig festlegen könne.
Zwar handele es sich bei der Zusatzvereinbarung zum Home-Office um Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne des § 305 Abs. 1 BGB. Die Inhaltskontrolle gemäß §§ 307 bis 309 BGB führe jedoch im Ergebnis nicht zur Unwirksamkeit der Regelungen zur separaten Kündbarkeit der Home-Office-Regelung. § 308 Nr. 4 BGB sei auf das Leistungsbestimmungsrecht des Arbeitgebers im Hinblick auf die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers nicht anzuwenden. Auch liege keine unangemessene Benachteiligung des Klägers nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB vor, wenn die Maßnahme durch begründete und billigenswerte Interessen des Arbeitgebers gerechtfertigt sei. Im Rahmen der hier erforderlichen Interessenabwägung sei allerdings zu berücksichtigen, dass der Kläger nie Anspruch auf eine ausschließliche Tätigkeit im Home-Office hatte. Das Ergebnis der Interessenabwägung kann also durchaus anders aussehen, wenn der Arbeitnehmer Anspruch darauf hat, ausschließlich im Home-Office zu arbeiten.