Gemäß 23 Abs. 1 BetrVG kann ein Betriebsrat aufgelöst werden, wenn er grob gegen seine gesetzlichen Pflichten verstößt. Diesbezüglich kommt entweder ein einmaliger objektiv erheblicher und offensichtlich schwerwiegender Verstoß als Auflösungsgrund in Betracht, aber auch mehrmalige unterschiedliche Verstöße, die den Schluss darauf zulassen, dass der Betriebsrat seine Verpflichtung zur vertrauensvollen Zusammenarbeit grundsätzlich missachtet.
Über einen solchen Fall fortlaufender Verstöße hatte das Arbeitsgericht Elmshorn (Beschluss vom 23.08.2023 – 3 BV 31 e/23) zu entscheiden und hat den Betriebsrat einer privaten Verkehrsgesellschaft mit circa 170 Mitarbeitern auf Antrag des Arbeitgebers und ¼ der Arbeitnehmer aufgelöst. Im Einzelnen lagen folgende Verstöße des Betriebsrats vor:
- Berufung auf eine falsche eidesstattliche Versicherung vor Gericht
- Freistellungen von Betriebsratsmitgliedern gemäß § 37 Abs. 2 BetrVG im Gesamtumfang von mehr als drei Vollzeitstellen (das Gesetz erkennt gemäß § 38 BetrVG Freistellungen in diesem Umfang erst ab einer Belegschaftsstärke von 901 Arbeitnehmern an)
- Kontrolle von Dienstplänen im zeitlichen Umfang von mehreren Tagen in der Woche durch diverse Betriebsratsmitglieder
- Teilnahme eines Großteils der Betriebsratsmitglieder an einer Gerichtsverhandlung, obwohl nach Auffassung des Arbeitsgerichts lediglich die Teilnahme des Vorsitzenden angezeigt gewesen wäre
- Bearbeitung und Prüfung von Urlaubsanträge, obwohl es diesbezüglich keinen Streit zwischen Arbeitgeber und beteiligten Arbeitnehmern gab (siehe § 87 Abs. 1 Nr. 5 BetrVG)
- Ungenügende Zeitangaben bei Freistellungen, so dass Betriebsratsmitglieder den ganzen Tag ausgeplant werden mussten
- Weitergabe von Gesundheitsdaten von Mitarbeitern im Rahmen einer Betriebsversammlung
- Führung einer doppelten Personalakte durch den Betriebsrat mit allen Dienstplänen, Krankheitsmitteilungen und Urlaubsanträgen
- Ausschluss des Geschäftsführers von der Teilnahme an Betriebsversammlungen
- Durchführung von Sprechstunden ohne Einigung mit dem Arbeitgeber gemäß § 39 BetrVG
Bei einer solchen Vielzahl von unterschiedlichen Pflichtverletzungen ist nach Auffassung des Arbeitsgericht Elmshorn von einer grundsätzlichen Missachtung des Gebots zur vertrauensvollen Zusammenarbeit und damit von einer groben Pflichtverletzung auszugehen und der Betriebsrat aufzulösen.
Arbeitgebern ist daher zu empfehlen Pflichtverletzungen, auch wenn sie im Einzelfall nicht „grob“ sind, zu protokollieren und diesbezügliche Beweise zu sichern, damit später bei Vorliegen mehrerer Pflichtverletzungen ggf. im Rahmen eines Auflösungsverfahrens gemäß § 23 Abs. 1 BetrVG schlüssig dargelegt und nachgewiesen werden kann, dass es eine Vielzahl von Pflichtverstößen gegeben hat.